Deutschlands Eiertanz bei den Russland-Sanktionen

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Jetzt, da die russische Armee auf Befehl Wladimir Putins den europäischen Frieden in Stücke gerissen hat und völkerrechtswidrig in die Ukraine einmarschiert ist, muss der Westen und damit auch Deutschland Farbe bekennen.

Dass ein militärisches Eingreifen zum Schutz der demokratisch gewählten ukrainischen Regierung schon wegen der atomaren Abschreckungskulisse der russischen Streitkräfte nicht in Frage kommen würde, war vorher klar. Aber es gab und gibt eine ganze Reihe von defensiven und nicht-militärischen Maßnahmen, mit denen die westlichen Verbündeten Putin in die Schranken weisen können. Das Zauberwort heißt hier Sanktionen und diese wurden schon vor den jüngsten Eskalationen in einem mehrstufigen System je nach Grad der russischen Aggression diskutiert und vorbereitet.

Doch nun wird es irritierend: Glaubt man verschiedenen übereinstimmenden Medienberichten, hat sich ausgerechnet Deutschland, spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015 der „moralische Kompass“ der EU, immer wieder bremsend gegen harte Sanktionen gestellt. Das fing mit dem langen Zögern hinsichtlich einer Abkehr von der Gaspipeline Nord Stream 2 nicht erst an und hörte damit auch nicht auf. Erst als Putin die abtrünnigen Separatistengebiete im Osten der Ukraine kürzlich anerkannte und damit das Minsker Friedensabkommen praktisch pulverisierte, griff Bundeswirtschaftsminister Habeck in die Trickkiste und stoppte die Zertifizierung der bauseitig bereits fertiggestellten Pipeline für russisches Erdgas. Zuvor war der Druck auf Deutschland, von diesem eben nicht rein privatwirtschaftlichen Projekt abzurücken, international größer geworden.

Zaudern, Zögern, Skurrile Ausreden

Aber der vorösterliche Eiertanz der Bundesregierung bei den Sanktionsüberlegungen war damit noch längst nicht beendet. Anders als von Bundeskanzler Scholz paraphrasiert („Alle Optionen liegen auf dem Tisch“), hat Deutschland auf EU-Ebene nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine nun ausgerechnet das schärfste Schwert der Sanktionen, nämlich den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsverkehrsystem SWIFT abgelehnt – und das mit einer hier von Bundesaußenministerin Baerbock vorgetragenen, skurrilen Begründung:

Jetzt soll das Festhalten an SWIFT in Bezug auf Russland tatsächlich deshalb geschehen, weil die Babuschka in Russland dann kein Geld mehr vom Sohn aus dem Westen bekommt. Das ist skurril, denn die ausländischen Vermögenswerte fast aller afghanischer Banken sind seit über einem halben Jahr eingefroren, obwohl die einfache afghanische Bevölkerung nachweislich schlimme Not leidet. Das juckt offenbar niemanden, aber bei Russland – einem im Vergleich zu Afghanistan steinreichen Land – soll es auf einmal um die Verschonung der „breiten Bevölkerung“ gehen.

Ist es nicht doch eher so, dass man in Berlin Angst davor hat, Putin könnte im Fall eines SWIFT-Ausschlusses den Gashahn nach Westen komplett zudrehen? Schließlich könnte die Bundesrepublik und andere westliche Staaten diese Lieferungen ohne SWIFT auch nicht mehr so einfach bezahlen. Man sollte der geneigten Bevölkerung doch bitte reinen Wein diesbezüglich einschenken.

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