Die Angst der Politik vor dem Lockdown

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Fast zwei Jahre hält die Corona-Pandemie unser Leben nun schon im Griff und eigentlich hätte das – folgt man den optimistischen Prognosen mancher Wissenschaftler – schon längst nicht mehr der Fall sein sollen. Denn im letzten Jahr, als die ersten Impfstoffe kurz vor der Notfallzulassung standen, wurde teils fahrlässig teils unwissend der Eindruck vermittelt, das Virus verliere seinen Schrecken, wenn erst signifikante Teile der Bevölkerung durchgeimpft sind.

Doch weit gefehlt. In diesem trüben November, in dem die Pandemie eigentlich schon zu einer harmlosen Endemie mutiert sein sollte, mutiert stattdessen das Virus weiter zu unserem Nachteil vor sich hin. Und zumindest wir in Deutschland stehen noch schlechter da als letztes Jahr um diese Zeit. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass inzwischen rund 70 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind. Eigentlich eine unfassbare Eskalation.

Inzidenzen scheinen nicht mehr zu jucken

Bei einer 7-Tage Inzidenz von 277 mit Stand des heutigen Tages sind wir an einem traurigen Höhepunkt der „vierten Welle“ angekommen – ohne dass es irgendwelche Behörden oder Entscheidungsträger wesentlich beunruhigt. Zwar kübeln die Wissenschaftler weiterhin und richtigerweise ihre Warnungen über uns aus, aber die Politik schwurbelt sich nur noch von einer kryptischen Regelung zur anderen. 3G, 2G, 2G+ … irgendwann kommt vielleicht noch 2G+ Premium – was soll das kurzfristig bringen? Natürlich ist es insgesamt nachvollziehbar, den Druck auf die immer noch zu vielen Ungeimpften zu erhöhen. Aber: 3G, 2G & Co. sind keine Wellenbrecher. Das sind sinnvolle Maßnahmen einer Mittelfriststrategie, die aber das Volllaufen der Intensivstationen und tausendfaches Leid nicht bremsen.

Als ob uns ein weiterer Lockdown umbringen würde

Dabei tänzelt nun ganz Deutschland verlegen (aber um die Wahrheit wissend) um eine Maßnahme herum, die wir nach den – siehe oben – zu optimistischen Prognosen gar nicht mehr brauchen würden. Doch die Realität sieht eben anders aus. Wir brauchen einen konsequenten Lockdown, um die außer Kontrolle geratene Welle einzudämmen. Ich verstehe nicht, warum die Politik das nicht klar sagt und zeitnah umsetzt. Es ist ihr doch sonst kein Graus, ihr Geschwätz von gestern zu relativieren oder gar ins Gegenteil zu verkehren. Und die Wahlen sind vorbei, wovor hat die Politik Angst?

Vor den Querdenkern? Wohl kaum. Denn die sind eine laute, aber von den Medien auch unnötig verstärkte Minderheit. Ja, es ist richtig, bei der Verhängung eines nochmaligen Lockdowns werden viele Menschen im Land nicht begeistert sein. Aber das Einsehen wird groß sein. Ein Lockdown bringt uns nicht um, die aktuelle Welle schon – zumindest einige von uns.

Die Gelegenheit ist günstig

Außerdem können wir, bei schneller und geschickter Weichenstellung, den notwendigen Lockdown sogar angenehm für alle gestalten. Schulen könnten bis nach den Weihnachtsferien geschlossen werden. Im Dezember passiert dort eh nicht viel mehr als Plätzchen backen und Weihnachtslieder singen. Nicht notwendig dem täglichen Bedarf zugeordneter Einzelhandel könnte in der zweiten Dezemberwoche schließen, dann wäre Planbarkeit gegeben und genug Zeit für Weihnachtseinkäufe. Home Office könnte sofort Pflicht werden mit der alleinigen Beweislast beim Arbeitgeber, wenn dies nicht machbar ist. Moderate Kontaktbeschränkungen, die den engen Familienkreis großzügig ausnehmen, könnten die Sache rund machen. So wäre die Situation im Januar womöglich wieder beherrschbar.

Und – last but not least – in Bezug auf die Impf- und Boosterkampagne wäre wertvolle Zeit gewonnen!

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