Die Steuer, die sich der Staat verdienen muss

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Foto oben: Ladepark für Elektroautos – auch solche wichtigen Verkehrsprojekte könnten künftig teilweise von Bürgern eigenverantwortlich mit ihren Steuern finanziert werden. Wenn man sie entsprechend gewähren ließe.

Journalisten und Medienschaffende neigen dazu, Dinge zu kritisieren und Missstände aufzudecken ohne dabei zu sagen, wie man es besser machen kann. Das ist auch nicht primär ihre Aufgabe, insofern ist das völlig in Ordnung. Aber manchmal macht sich im Zuge einer umfassenden Recherche auch mal jemand wirklich gute Gedanken, wie etwas fundamental anders und besser gemacht werden kann.

Diesen Anspruch erhebe ich hier nicht, aber ich habe einige Zeit darüber nachgedacht, mit welchem Recht der Staat unsere Steuern kassiert, ohne dabei einen Plan über die Verwendung oder gar Rechenschaft über den Einsatz der Gelder abzulegen. Gewiss, über Wahlen kann man grob und leider auch nur über längere Zeiträume mitentscheiden, ob eher restriktiv oder spendabel gehaushaltet wird. Aber letztlich ist dabei völlig unklar, wohin das Geld fließt, was man über das Jahr gesehen so an verschiedenen Steuern entrichtet. Das ist mindestens intransparent, für viele Steuerzahler wie mich fühlt es sich obendrein auch noch höchst unfair an. Ständig sieht oder hört man irgendetwas, wo man sich dann fragt: „Warum wird sowas bitteschön mit ‚meinen’ Steuergeldern bezahlt?“ Da kam mir eine Idee.

Crowdfunding beim Steuerzahler

Warum eigentlich muss der Staat sinnvolle Projekte nicht öffentlich ausschreiben? Also die Finanzierung! Denn die Vergabe muss doch – in Erwartung der dann hoffentlich gegebenen Wirtschaftlichkeit und bestmöglichen Umsetzung – auch meist ausgeschrieben werden. So wünsche ich mir das eigentlich bereits einen Schritt zuvor bei der Finanzierung von Haushaltsvorhaben. Und ganz nebenbei wäre es auch noch ein „Doppelwumms“ für die direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung.

Ich stelle mir das in etwa so vor: Wenn Frau Bundesverteidigungsministerin Lambrecht im Rahmen der von Kanzler Olaf Scholz Ende Februar ausgerufenen „Zeitenwende“ einen großen Rüstungsauftrag etwa für Kampfpanzer oder einen neuen Kampfjet platzieren will, dann sollte ein jedes Ministerium einen Vergabemarktplatz auf seiner Website haben, über den mittels eigener Steuern für das Projekt gezahlt werden kann. Dazu ist das jeweils federführende Ministerium dann angehalten, Expertenmeinungen und Bewerbungsunterlagen zum Beispiel der vorgesehenen Lieferanten zu veröffentlichen, damit sich die Steuerzahler vor ihrer finanziellen Beteiligung, die einfach digital durch Angabe der Steuernummer erfolgen kann, sachkundig machen können.

Zu versteuerndes Einkommen als zu vergebendes Budget

Und bevor jetzt eingewendet wird, dass dann viele gar keine Steuern auf Projekte und staatliche Vorhaben bieten: Man könnte das zu versteuernde Einkommen, welches auf Basis der Vorjahreseinkünfte geschätzt wird, als zwingend zu vergebendes Budget definieren. Natürlich muss es auch immer eine steuerliche Grundlast geben, die in die zu finanzierenden Beamtenstellen, Immobilienkosten für öffentliche Liegenschaften und so weiter fließen. Aber es würde ein deutlicher Spielraum an Steuermitteln bleiben, den jeder Bürger frei auf die ausgeschriebenen Infrastrukturprojekte vergeben kann. Das geht dann auch gern noch weiter von der Entwicklungshilfe, über Sanierungen bis hin zur Anschaffung neuer Hochgeschwindigkeitszüge für die bundeseigene Deutsche Bahn. Und bei der Gelegenheit könnte man auch gleich noch eine Kosten- und Qualitätskontrolle einführen, mit deren Hilfe ein Desaster wie „Stuttgart 21“ oder das Milliardengrab Flughafen BER zukünftig vielleicht verhindert werden könnte.

Ich erwarte von einem solchen Ausschreibungsregime eine ganze Reihe von Vorteilen. Das übliche Kostengeschacher zwischen den Ministerien würde weitgehend entfallen und die in der Theorie zwar gut gemeinten in der Praxis aber kaum beachteten Kontrollinstanzen wie den Bundesrechnungshof könnte man mittelfristig deutlich verkleinern oder gar abschaffen, denn diese direkte Kontrolle könnte der Bürger gleich mit übernehmen.

Initiativrecht für Bürger

Man könnte die Idee sogar noch weiterentwickeln. Kennen Sie das auch? In ihrer Stadt fehlt seit Jahren ein Schwimmbad oder die an ihrem Ort vorbeiführende Autobahn hat keine Auffahrt in der Nähe? Man könnte genau für solche Zwecke Bürgern ein Initiativrecht einräumen. Und um diesen Rechten auch Substanz und Erfolgschancen zu geben, sollte man einen gewissen Prozentsatz seines persönlichen, variablen Steuerbudgets genau für solche – meist ja sehr sinnvollen – Herzensangelegenheiten verwenden können. Denn wenn diese Initiativen dann schon vor Ort durchfinanziert sind, entfällt das jahrelange Gezänke von Bund, Ländern und Kommunen über solche Finanzierungsfragen, die dann in der Vergangenheit oft das Ende guter Ideen oder Investitionsvorhaben bedeuteten.

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