Die Achillesferse der Verkehrswende

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Foto oben: Ganz so alt wie diese historischen Fahrzeuge und Maschinen ist der Bahn-Fuhrpark zwar nicht, aber schon mein verblichener Vater und früherer Bahn-Mitarbeiter nannte die DB AG vor 20 Jahren „Deutschlands rollenden Schrotthaufen“.

In vielen der Jahresrückblicke, die dieser Tage wieder erscheinen, wird man etwas von „Comeback der Bahn“ lesen und dabei auf das sogenannte „Neun-Euro-Ticket“ zu sprechen kommen, dass in den Sommermonaten eine Rekordzahl an Fahrgästen auf die Bahnhöfe und in die Züge gelockt hat. Allerdings zeigt gerade dieses Jahr 2022, dass die von Politikern so abgöttisch geliebte Deutsche Bahn die Achillesferse der Verkehrswende ist.

Vielleicht gelingt ja im Jahr 2023 der fulminante Neustart dank veganer Currywurst im Bordbistro, aber andererseits nützt das den Fahrgästen auch herzlich wenig, wenn der Zug ausfällt oder man den Anschluss wegen Verspätung verpasst oder das Bordbistro wegen Personalproblemen geschlossen hat. Oder, oder, oder.

Denn man kann die vegane Currywurst in der Pfanne drehen und wenden wie man will, der Zustand der Bahn bleibt erbärmlich. Die Verspätungsrate der Züge hat in diesem Jahr erneut einen Rekordstand erreicht, Dauerbaustellen beeinträchtigen das Streckennetz und die strukturellen Nachteile, die die Bahn schon immer hatte, werden natürlich auch nicht weniger. Züge können trotz cleverer Anschlussangebote für die sogenannte „letzte Meile“ nie den Nachteil gegenüber dem Auto wettmachen, dass man mit der Bahn halt nicht von Haustür zu Haustür fahren kann.

Anders als dieser ZDF-Journalist hier suggeriert, wurde die Bahn übrigens auch nicht kaputtgespart – ganz im Gegensatz zu den Straßen und Brücken dieses Landes.

Die staatseigene Deutsche Bahn AG wird einfach notorisch schlecht geführt, fährt eine nebulöse unternehmerische Strategie und scheitert immer wieder grandios daran, ihren Kunden eine angenehme Reise zu verschaffen. Aber am „Sparen“ liegt das nun wirklich zuallerletzt. Ganz abgesehen davon, dass es Blödsinn ist, den dringend nötigen Straßenbau sowie deren Sanierung gegen Investitionen in die Bahn aufzuwiegen. Ich fordere ja auch nicht, die Zahlung von GEZ-Gebühren einzustellen, bis der RBB seine Korruptionsskandale aufgearbeitet hat – wobei diese Forderung schon eher angemessen wäre.

Doch der Bahn fehlt es ganz sicher nicht an Geld, sondern an innovativen Konzepten und hochmodernen Zügen. Niemand verspürt heute noch ernsthaft Lust, sich in einen quietschenden und miefenden Intercity-Waggon aus den frühen 90er Jahren zu setzen, während in Frankreich der TGV und in Asien der Shinkhansen durch die Landschaft donnert. Das Neun-Euro-Ticket hatte auf den zu recht miserablen Ruf der Bahn bei Kunden keinerlei Wirkung – schon gar keine nachhaltige. Natürlich nahmen viele Menschen das Angebot des Billigtickets dankbar an, zumal es mitten in die Ferienzeit und in Zeiten horrender Spritpreise fiel. Doch genauso schnell wie die neuen Fahrgäste kamen, waren sie dann im Herbst auch wieder weg. Die Bahn wird auch nicht mit einem dauerhaft subventionierten Flatrate-Ticket aus der Krise kommen, sondern nur mit einem stimmigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Vor allem letzteres ist dringend nachzubessern.

Was die Bahn als Unternehmen benötigt, ist eine knallharte Sanierung und einen begleitenden Innovationswettbewerb. Leute wie Ronald Pofalla und Andreas Scheuer haben dem Laden in den vergangenen Jahren den buchstäblichen Rest gegeben. Nun müsste eigentlich ein Mann vom Schlage Elon Musk kommen, der den ICE auf Tesla-Chic trimmt und in den Untergrund in seine Tunnelsysteme verlegt. Aber das wird vermutlich nicht passieren und deshalb bleibt die Bahn die Achillesferse der Verkehrswende. Schade.

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