CDU: Der Blick geht in Richtung München

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Der Gewinner der wegen der Corona-Pandemie digital abgehaltenen Wahl zum CDU-Parteivorsitzenden und Nachfolger der scheidenden Annegret Kramp-Kartenbauer stand gar nicht zur Abstimmung: Markus Söder. Denn Armin Laschet mag zwar das Rennen um den CDU-Vorsitz gemacht haben – eine Kanzlerkandidatur traut ihm jenseits seiner Anhängerschaft aber wohl kaum jemand zu. Durch seinen übrigens denkbar knappen Sieg hat er aber zumindest den zuvor heißesten Kandidaten für die Kanzlerkandidatur aus dem Rennen geworfen – und das gleich in doppelter Hinsicht: Mit dem nun bereits zum zweiten Mal verlorenen Votum zum Parteivorsitz kann Konservativen-Ikone Friedrich Merz eigentlich nicht mehr ins Kanzlerkandidatenrennen gehen. Der Gewinner des Tages sitzt also in der Münchner Staatskanzlei und hatte – ein solches Ergebnis womöglich erhoffend – sich schon in den letzten Tagen behutsam an das „Team Laschet“ herangerobbt.

Söders Durchmarsch kaum aufzuhalten

Auch wenn Markus Söder bislang immer betont hat, dass sein Platz in Bayern sei, hat er doch in den verhangenen Wochen bewusst die Schlagzeilen gesucht und sich vor allem als oberster „Virus-Bekämpfer“ des Landes in Szene gesetzt. Söder hat ein Gespür für Gewinner-Themen. Er hat es bislang geschickt verstanden, aus einer abwartenden Position heraus kontinuierlich Punkte zu sammeln, hat mit einem für die CSU bemerkenswerten Werben um die Grünen als möglichen Koalitionspartner bereits kurz in Richtung Berlin geblinzelt, ohne Bayern dabei schon aus dem Blick zu verlieren. Und das direkte Duell mit Laschet muss Söder nicht fürchten. An die Beliebtheitswerte Söders kommt Laschet nicht heran und selbst in der CDU wird man am Ende den Kandidaten unterstützen, der einen Grünen-Sieg bei der Bundestagswahl am ehesten verhindern kann. Vorteil auch hier: Markus Söder. Auf dem Weg zur mutmaßlich im Frühjahr stattfindenden Kandidatenkür der Union kann Söder jetzt vermutlich nur noch ein Überraschungskandidat gefährlich werden. Doch dieser Kandidat, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, müsste sich dazu aus dem „Team Laschet“ lossagen, was womöglich nach parteiinternem Verrat riechen würde. Im Prinzip ist der Weg für Söder mit der jetzt gelaufenen Vorsitzendenwahl in der CDU frei – man darf gespannt sein, ob und wie schnell der bayerische Ministerpräsident nun seinen Hut in den Ring wirft.

Wie reagiert das Merz-Lager?

Alle Fragen schon beantwortet? Keineswegs. Es sollte nicht vergessen werden, dass Favorit Friedrich Merz den ersten Wahlgang mit fünf Stimmen Vorsprung gewonnen hat. Der dann klare Sieg von Konkurrent Laschet in der Stichwahl ist natürlich vornehmlich dem Umstand geschuldet, dass sich die Röttgen-Anhänger, die nicht im Verdacht stehen, stramm konservativ zu sein, mehrheitlich auf die Seite von Laschet geschlagen haben. Friedrich Merz ist nicht Donald Trump, er kann mit Anstand verlieren – das hat er schon mehrfach gezeigt. Doch niemand wird in der CDU jetzt versuchen, Merz vollends kaltzustellen. Auch dessen Gegner wissen, dass man ihn und vor allem seine zahlreichen Fans einbinden muss. Nur: Wie soll das geschehen? Eine Rolle in der zweiten Reihe passt eigentlich nicht zu ihm. Diese Überlegungen bleiben im Hinblick auf die kommenden Wochen der spannendste Teil der ganzen Sache – spannender noch als die Kanzlerkandidatenfrage selbst. Oder kann beziehungsweise will Merz in die Beantwortung dieser Frage doch noch eingreifen?

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