In meiner Kindheit konnte man mich mit Kürbisgerichten aller Art jagen. Mein Vater, der ein Fan von Kürbis im Eintopf oder eingelegtem Kürbis war, bestand gern mal im Herbst auf seiner Leibspeise und für mich gab es dann ersatzweise Nudeln, um den Familienfrieden zu wahren. Doch wie so oft im Leben ändern sich die Geschmäcker mit der Zeit und auch der Kürbis, den man in der früheren DDR sarkastisch als die „Ananas des Ostens“ bezeichnete, erfährt gerade in Zeiten zunehmend vegetarischer Ernährung eine regelrechte Renaissance.
Nun ist es keineswegs so, dass sich meine Meinung hinsichtlich des Kürbis generell gewandelt hätte. Im Grundsatz mag ich ihn als Ganzes nach wie vor nur bedingt. Delikat finde ich dagegen das kräftige Kürbiskernöl, bevorzugt aus den Ölmühlen der Steiermark oder aus dem Spreewald. Auch geröstete Kürbiskerne können als Beigabe zum Salat ein kulinarisches i-Tüpfelchen sein.
Aber es gibt einen Kürbis, der hier eine besondere Würdigung erfahren soll, obwohl er optisch in der Kleingartenanlage eigentlich vollkommen unscheinbar aussieht. Der blass sandfarbene Muscat-Kürbis, der erst aufgeschnitten mit seinem intensiv-organenen Fruchtfleisch die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhält, ist aus meiner Sicht quasi der „weiße Trüffel“ unter den Kürbissen. Während seine optisch aufreizenden Brüder und Schwestern wie die „Bischofsmütze“ oder der Butternut-Kürbis, eher fad und nichtssagend schmecken, ist der Muscat schon ohne jegliche Zugabe von Gewürzen oder Beigaben eine wahre Geschmacksdetonation.
Feinstes Nussaroma, Nuancen von Frucht
Der Muscat sowie sein kleiner Bruder, der Mini-Muscat, bildet deshalb bei mir daheim die Grundlage für eine herbstliche Suppe, die quasi alles vereint, was man aus einem Kürbis so herausholen kann. Bevor man jedoch die nussig-fruchtige Cremesuppe mit allen Sinnen genießen kann, steht dem Koch eine Herkules-Aufgabe bevor: Der Muscat weist eine harte Schale auf – da muss ein scharfes und dadurch gefährliches Messer her. Er sollte gewürfelt und von ebenjener Schale befreit werden. Außerdem sollte man im Verhältnis zwei zu eins gewürfelte Kartoffeln sowie ebenfalls im Verhältnis zwei zu eins Möhrenscheiben hinzufügen.
Hat man es bis hierher ohne abgetrennte Fingerkuppen oder Schnittwunden geschafft, so gebe man das Sammelsurium in einen großen Topf, aufgefüllt mit Wasser und wahlweise Gemüse- oder Rinder-Kraftbrühe als Brühwürfel. Ein großes Lorbeerblatt, Salz und eine Prise Pfeffer komplettieren zunächst die Zutatenliste. Man muss nun rund eine halbe Stunde Geduld aufbringen und die Zutaten solange köcheln lassen, bis sie pürierfähig sind.
Der Pürierstab und das Löffelchen Finesse
Nun wird es spannend. Mit dem Pürierstab wird nun das inzwischen weiche Gemüse fein zerkleinert. Zuvor sollte man natürlich das Lorbeerblatt aus dem Topf fischen. Mindestens ein großer Esslöffel Crème fraîche macht die Suppe schließlich sahnig und bindet die Zutaten. Wichtig ist, die Kürbissuppe nur noch auf kleiner Flamme oder Garstufe fertigzukochen. Erst wenn die Portionen auf einen großen Teller gegeben sind, kommen die edelsten Zutaten sozusagen als Sahnehäubchen: Geben Sie Kürbiskernöl wahlweise in schön geschwungenen Linien darüber, einige Kürbiskerne dazu und schließlich sollte man sich noch ein paar rote Safranfäden als Garnitur gönnen. Letztere kann man übrigens bereits kurz vor dem Püriervorgang hinzugeben. Dann wird die Suppe noch kräftiger rot-orange. Ich bevorzuge allerdings die Zugabe des Safrans am Schluss, um dieses wertvollste aller Gewürze nicht unnötig zu zerkochen.
Ein nicht ganz trockener Gewürztraminer dazu
Diese Suppe ist nicht nur schmackhaft, sondern auch sehr nährstoffreich und daher durchaus als leckeres Hauptgericht zu betrachten. Komplettiert wird meine herbstliche Menüempfehlung lediglich durch einen aus meiner Sicht hervorragend passenden Weißwein. Hier sollte man, um dem kräftigen Muscatkürbis ein ebenbürtiges Aroma entgegenzusetzen, auf einen Gewürztraminer zurückgreifen. Idealerweise nimmt man einen fülligen Zeitgenossen aus dem französischen Elsass. Dort wird der Gewürztaminer meist nicht komplett trocken ausgebaut, sondern hat eine verführerische Restsüße. Es empfiehlt sich zum Beispiel der Eguisheim Gewürztraminer von Emile Beyer aus dem Jahrgang 2018.