Foto oben: Die Union muss mehr sein als ein Barock-Schloss, das nur die Sehnsüchteleien Gestriger verkörpert. Sie muss Lust auf das Moderne im Konservativen machen. Das geht wenn überhaupt nur mit Merz.
Mit einem klaren Mitgliedervotum gleich im ersten Wahlgang der Online-Befragung hat die CDU-Basis im dritten Anlauf ihren „Senior“ Friedrich Merz zum kommenden Parteivorsitzenden gekürt. Doch Merz, der nun noch beim kommenden Parteitag gewählt werden muss, ist für die Union keineswegs die banale Rolle rückwärts, sondern die einzig logische Antwort auf die neuen politischen Konstellationen in Berlin.
Stühlerücken im Deutschen Bundestag
Das konnte man in dieser Woche im Parlament beobachten, wo sich keineswegs nur ein „Kasperletheater“, wie es der AfD-Wortakkrobat Brandner formulierte, abspielte. Der dank neuer Mehrheiten geglückte Versuch der Ampel-Parteien, die CDU nach rechts neben die AfD zu setzen, um für die FDP Platz in der brechend vollen Mitte des Plenums zu schaffen, könnte der Union am Ende sogar helfen. Denn dort, wo die CDU vor Merkel stand beziehungsweise saß, ist ihre einzig denkbare Zukunft.
Und dazu passt der klar artikulierte Wunsch der Parteibasis nach Friedrich Merz. Er ist zwar weder jung, noch unverbraucht, noch ist er im klassischen Sinne ein Hoffnungsträger. Aber er verkörpert als einziger der drei Kandidaten das Konservative, das der CDU in den kommenden Jahren wegweisend sein soll.
In der Mitte ist kein Platz für die Union
Jetzt mögen gerade die nach wie vor zahlreichen „Merkel-Fans“ einwenden, dass die Modernisierer in der CDU, die die Partei unter Angela Merkel dort hingeführt haben, wo sie jetzt nicht mehr sitzen soll, nämlich in die Mitte, doch gezeigt hätten, dass die Union dort Wahlen gewinnen kann. Aber das ist wohl unter den aktuellen Konstellationen mit der Ampel und einer fast schon links-liberal daher kommenden FDP nicht mehr möglich. Die CDU würde bei einer Fortführung der Merkel-Politik schlicht keine neuen Wähler mehr finden, weil diese entweder bei SPD, FDP oder sogar den Grünen besser bedient werden. Die Ampel ist gewissermaßen die Fortführung einer Merkel-Linie – nur ohne „Raute“ und vielleicht mit etwas mehr Klimaschutz. Was hätten ein Norbert Röttgen oder gar ein Helge Braun dem also entgegensetzen können?
Union muss mit Merz liefern
Die Herausforderungen werden für die CDU allerdings auch mit der nun richtigerweise erfolgten Kursbestimmung nicht weniger. Sie muss gleichzeitig vermitteln, dass sie zur Ampel inhaltlich-programmatisch einen konservativen Gegenentwurf machen kann. Und zugleich muss Friedrich Merz die „Brand(ner)mauer“ nach rechts zur AfD so dicht halten, wie sie unter Merkel war.
Das Dilemma dabei ist die kniffelige Frage, mit wem die CDU bei der Bundestagswahl in vier Jahren ein Regierungsangebot machen will. Im für sie besten aber unwahrscheinlichen Fall gibt es in der FDP ausgehend von den grobschächtigen Liberalen um Wolfgang Kubicki eine Revolte gegen die doch zunehmend spürbaren politischen Verrenkungen der Liberalen auf der Regierungsbank. Dass so etwas möglich ist, zeigt zumindest die aktuelle Debatte um die Impfpflicht, wo Kubicki zumindest im Wasserglas schonmal einen Sturm erprobt.
Aber ganz soweit wird es dann wohl nicht kommen. Die CDU wird mit einem geschickten Merz an der Spitze die FDP aus der Ampel herausbrechen müssen – nach der Wahl. Dazu muss die Union einen fast unvorstellbaren Spagat vollziehen: Sie muss einerseits die FDP als Regierungspartei attackieren und als „Mitte-linksversifft“ markieren. Und andererseits muss sie die Liberalen für ein schwarz-gelbes Projekt umgarnen. Das wird nicht leicht für Merz und sein Team.
Aber es ist die einzig denkbare Option, denn schaut die CDU auf die andere Seite des Bundestags-Plenums, dann findet sie dort eine weiterhin als Fundamental-Opposition aufgestellte AfD, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und unmöglich in dieser Konstellation ein zukünftiger Partner für die CDU sein kann. Wäre die AfD heute noch die Professoren-Partei von Bernd Lucke und hätte sich in den letzten Jahren fundiert mit Inhalten befasst, läge bei den kommenden Bundestagswahlen womöglich noch eine andere Option auf dem Tisch. So aber ist die FDP die einzige zukünftige Partnerin der CDU, wenn sie nicht als Juniorpartner der SPD in einer neuen Großen Koalition enden will.